Das größte Säurefass unseres Planeten ist absolut eine Expedition wert. Auf 2300m brodelt es: Kawa Ijen -wie der aktive Vulkan auf Java heißt- und sein grüner Kratersee. Ein Schwefelsee. Das spannende ist das blaue Feuer, einzigartig auf der Welt. Durch die freigesetzten Schwefelgase lodern nachts im Krater blaue Flammen. Inmitten des Vulkans fühle ich mich wie auf einem anderen Planeten oder eher Trabanten, denn die Landschaft um mich herum erinnert an die des Mondes: nur Gesteinsbrocken und alles in weiß. Dazu das gelbe Schwefelgestein.
Aber zurück auf Anfang: Das Abenteuer startet in Bali. Unsere Reisegruppe besteht aus drei Franzosen, vier Russen, einem Polen, einem Engländer und mir, einer Deutschen. Mit zwei Vans fahren wir abends um 18:00 Uhr vom Süden Balis hoch in den Norden, Nordwesten, um die Fähre nach Java zu nehmen. 4 Stunden dauert die Fahrt, 5h mit Pausen. 23Uhr erreichen wir die Fähre. Circa 1h braucht sie um zur anderen Insel rüberzusetzen. Eine weitere Stunde Autofahrt, um an unser Ziel, dem Fußes des Vulkans zu gelangen. Dazu eine weitere Stunde bis wir endlich starten, es ist mittlerweile 2:00 Uhr nachts.
Der Aufstieg ist kein Zuckerschlecken: es geht steil bergauf und die Luft ist dünn. Es gibt „Taxis“, die am Wegesrand warten: Locals mit Schubkarren in denen man sitzen kann. Eine Million IDR (ca. 60€) kostet der Transport für auf und ab, 300.000 IDR (ca. 20€) für nur runter. Relativ viel im Vergleich zu den örtlichen Preisen, doch vollkommen okay, wenn man die Schwere der Arbeit bedenkt. Denn bergauf können durchaus 3 Männer benötigt werden, um die beladene Karre sicher nach oben auf den Vulkan zu ziehen. Wir bezwingen die Höhe natürlich mit eigener Kraft.
Oben angekommen, geht es abwärts, in den Krater rein. Der Abstieg ist gefährlich. Es ist dunkel (Stirnlampe notwendig!), völlig neblig und der Weg rutschig und steil. Keine Halterungen oder Absperrungen. Der Weg besteht aus Steinen, die übereinander liegen. Oft rutscht man weg, trotz Trekkingschuhen (wichtiges Equipment!) und der Guide reicht ständig seine Hand, um Halt zu geben. Es gab beim Abstieg bereits Tote, Unfälle sowieso. Real adventure! Wir tragen Handschuhe, um unsere Augen zu schützen. Richtig gelesen Handschutz zum Augenschutz! Denn aufgrund der Rutschgefahr hält man sich ständig überall fest, d.h. an den großen Gesteinsbrocken, die den Wegesrand zieren. Diese sind voll mit Schwefel. Der Weg ist zudem staubig. Was passiert, wenn Staub ins Auge kommt? Ein natürlicher Reflex: mit der Hand im Auge reiben! Was eine ganz schlechte Idee ist, wenn diese mit Schwefel kontaminiert ist, denn das bedeutet Juckreiz und Brennen für 6-8h. Dagegen kann man nichts tun außer abwarten. Da man das in dieser Situation alles andere als gebrauchen kann, trägt man Handschuhe. Denn niemand fasst sich mit Baumwolle in die Augen. Was wir außerdem beim Abstieg tragen, sind warme Sachen und eine Gasmaske. Der Geruch des Schwefels ist extrem und die Gase gefährlich für die Atemwege. Ein einziger Abstieg ohne sei ungefährlich heißt es, trotzdem wurden wir mit Masken ausgestattet und aufgefordert diese aufzusetzen als die Luft entsprechend zusammengesetzt ist.
Das Atmen unter den Masken fällt schwer, doch fühlt sich sicher an. Um so komischer ist das Gefühl, die Minenarbeiter ohne Atemschutz zu sehen. Was für mich wie eine mystische Mondlandschaft erscheint, ist ein gefährlicher Arbeitsplatz und was für mich ein super spannendes Abenteuer ist ihr täglich Brot! Auf dem Weg in den Krater passieren die starken Männer uns regelmäßig. Da die Route schmal ist, bleiben wir stehen und machen Platz, den sie brauchen um mit ihren schwer beladenen Schwelfeltragekörben aufzusteigen. 70-100kg pro Ladung. Knochenjob. Schwerstarbeit.
Kurz nach 5 erreichen wir die Mitte des Kraters. Gerade noch rechtzeitig um einen Blick auf die blauen Flammen zu erhaschen, denn sofern die Sonne aufgeht, ist das Naturschauspiel vorbei.
Ich treffe die Arbeiter, sehe ihnen bei der Arbeit zu und empfinde nicht nur tiefsten Respekt, sondern auch genauso tiefe Dankbarkeit für mein Leben. Und trotzdem lächeln sie, manch einer mit der Motivation ein paar Rupies für das Foto oder kleinen gelben Schwefelbrocken oder gar -figuren zu ergattern, was angesichts der Schwere der Umstände absolut nachvollziehbar ist.
Der türkis-grüne Schwefelsee kommt magisch daher. Ich kann mich nicht abwenden und würde am liebsten auf einem Felsen sitzen und seinen Anblick ewig genießen, zu sehr verzaubert mich das, was ich zuvor noch nie sah.
Doch wir müssen wieder aufsteigen. Der Ort ist keiner zum Verweilen. So verlassen wir den magischen Krater, mittlerweile ist es heller lichter Tag, es ist warm und wir können endlich die Masken wieder abnehmen. Damit macht der Weg zurück zum Fuße des Vulkans Spaß und wir genießen die wunderschön grüne Landschaft um uns herum.
Das Frühstück bei einer lokalen Familien haben wir uns redlich verdient.
Nach genau 24h erreichen wir unser Domizil auf Bali, sind mega erschöpft und zugleich glücklich zu wissen wie besonders die Erfahrung ist, die wir zusammen haben erleben dürfen.
Absolut empfehlenswert! Abenteuer pur! Natur extrem!
Spezielle Planetenerfahrung!
Notwendiges:
- kleiner Rucksack (so wenig Gepäck wie nötig)
- 1 Flasche Wasser + 1 Müsliriegel o.ä.
- Taschenlampe (am besten Stirnlampe)
- Trekkingschuhe oder welche mit gutem Grip)
- warme Kleidung (nachts im Krater wird es sehr kalt)
- Schmuck vorher ablegen (Silber reagiert mit Schwefel und wird schwarz)
- Handschuhe und Masken werden vom Guide gestellt